Drucken

Fridolin 6

Fridolin hatte keinen guten Start ins Leben. Er wurde auf Rumäniens Straßen geboren, von Hundefängern gefangen und in eine städtische Tötungsstation gebracht. Dort verweilte er 14 Tage, bevor er von den Mitarbeitern der Tierhilfe Hoffnung gerettet wurde und in die Smeura gebracht wurde. 
Er hatte eine Verletzung an der rechten Halsseite, welche vermutlich durch einen Biss verursacht wurde. 
Auf der Krankenstation der Smeura wurde Fridolin versorgt und gepäppelt. Seine Wunde wurde operativ versorgt und eine Ausreise in ein deutsches Partnertierheim geplant. 
 
Am 22.02. war es soweit: Fridolin startete in ein neues Leben. In Dettenhausen angekommen, ging die Reise nach Alsfeld leider nicht so unproblematisch weiter. Der Sprinter, mit dem die Tiere reisten, blieb liegen. Dazu gibt es von der Tierhilfe Hoffnung einen Bericht "Hunderettungstransport am seidenen Faden" in den sozialen Medien.
 
Mittags kam Fridolin dann bei uns im Tierheim an: ein freudiger, aufgeschlossener Junghund mit goldigen Kulleraugen. Wegen seiner OP durfte er direkt zu mir, Sarah Becker, auf Pflegestelle ziehen. Neugierig erkundete er alles. Spiel und Spaß war angesagt. 
 
Am Samstag, zwei Tage nach seiner Ankunft, wirkte Fridolin abgeschlagen und müde, er schlief viel, fressen mochte er nicht mehr so viel. Er hatte eine anstrengende Woche hinter sich: neue Eindrücke, die Reise und letztlich auch die operierte Wunde...ich beobachtete ihn. 
 
Am Sonntagmorgen war Fridolin so schwach, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Nach Rücksprache mit unserer Tierärztin fuhr ich mit ihm direkt in die Tierklinik nach Kalbach. Nach einer kurzen Untersuchung stand die Diagnose "Babesiose" fest. Leider schon so weit fortgeschritten, dass die Prognose unklar war. Die Behandlung begann sofort. 
 
Fridolin1
 
Leider waren Fridolins rote Blutkörperchen so stark betroffen, dass er an einer Blutarmut litt und eine Bluttransfusion benötigte. Bei Tieren müssen sich die Besitzer selbst um einen Spender kümmern. Der Hund soll aus Deutschland stammen und mindestens 20 kg schwer sein. Uff, gar nicht so einfach, wenn man aktiv im Tierschutz ist und überwiegend Tierschutztiere kennt. 
 
72 Stunden kannte ich Fridolin. Ich wollte, dass er zu mir reisen durfte, somit bin ich für diese kleine Hundeseele auch verantwortlich. Er lag die gesamte Zeit vor mir auf dem Untersuchungstisch, zu schwach, um sich aufzusetzen oder alleine umzudrehen. Eine Achterbahn der Gefühle überkam mich und ich sah in dieses Hundegesicht und seine schwachen Augen.
 
Fridolin 3Fridolin 1Fridolin 5
  
Ich sortiere mich, sprach mit unserer Tierärztin und der ersten Vorsitzenden, da ich in dem Moment nur eingeschränkt denken konnte.
 
Eigentlich hätte ich an dem Tag arbeiten müssen. Ich hatte die Vertretung einer Kollegin in ihrer Hundeschule übernommen und später selbst noch eine Kundin. Ich rief meine Kundin Alice an, um die Einzelstunde abzusagen und dann passierte etwas, was mir den Atem verschlug. Sie setze sich sofort mit ihrem Hund Rusty ins Auto und kam in die Tierklinik. Es wurde in einer Kreuzprobe untersucht, ob Rusty als Spender in Frage kommt. Und ja, es passte. Tränen überkamen mich vor Freude. Alice und ich warteten bei Fridolin, bis Rusty seine Spende abgegeben hatte. Eine aufregende Situation für uns alle. So kam es, dass Alice mit Rusty zu Lebensrettern wurden. Ich kann es bis jetzt noch nicht glauben. 
 
Rusty Rusty, Fridolins Blutsbruder
 
In der Zwischenzeit ließ meine Kollegin Angelika Stahl, die auf einer Forbildung war, mir ihre Hündin Gipsy von ihren Hundesittern in die Tierklinik bringen, da man vorher nie sagen kann, welcher Spender passt. Gipsy spendet regelmäßig Blut und somit ist sie mit den Abläufen vertraut. Dazu kam, dass ihre Blutgruppe bekannt ist. Angelika stand mir mit Rat und Tat zur Seite und rief Alice, die noch auf dem Weg in die Klinik war, an, um ihr zu erklären, dass eine Blutspende nichts Schlimmes ist. Weitere Menschen boten sich an, mit ihren Hunden nach Kalbach zu kommen. Vielen Dank an jeden Einzelnen... das hat mich total gerührt und beruhigt, dass ich wusste, dass ich auch nachts anrufen kann, falls Fridolin eine weitere Transfusion benötigt. Dankeschön an unsere 1. Vorsitzende, Ann-Catrin Schmidt, die ihr Netzwerk nutzte, um weitere Spender zu organisieren. Sie stand immer in Kontakt mit mir und ermutigte mich in dieser schwierigen Situation. Es war einfach schön zu wissen: Fridolin und ich sind nicht alleine. 
Gipsy Gipsy nach ihrer Blutspende im April 2022
 
Fridolin musste natürlich in der Klinik bleiben. Frau Dr. Rupp, die uns von Anfang an betreute, erklärte mir, wie sie weiter verfahren, was geplant ist und wie es ablaufen soll, wenn alles reibungslos klappt. Weiterhin teilte sie mir mit, dass sie mich bei Verschlechterung sofort benachrichtigt. Ansonsten werde ich immer am nächsten Nachmittag über den Zustand von Fridolin informiert.
 
Ich erlebte an diesem Tag eine freundliche, einfühlsame und kompetente Betreuung von Frau Dr. Rupp, Herrn Dr. Sywall (er betreute das Spenderteam Alice und Rusty) und dem gesamten Klinikteam. Herzlichen Dank dafür. Auch für die weitere Behandlung von Fridolin und den angenehmen Austausch.
 
48 Stunden bangen, ob der kleine Mann es schafft…. Über den Berg war er leider noch nicht. Dienstagnachmittag durfte Fridolin zurück zu mir auf seine Pflegestelle. Jetzt wird er weiter behandelt, gut beobachtet und liebevoll umsorgt. Sollte sich sein Zustand wieder verschlechtern, muss er wieder in die Klinik. 
Wir sind optimistisch, dass der kleine Hundemann jetzt endlich anfangen kann, ein ganz normales Hundeleben zu führen.
 
 
Und als wären das nicht schon genug Emotionen in den letzten Tagen, kam noch eine wahnsinnig großartige Überraschung hinzu:
Rita Köllemann, die seit letzter Woche Donnerstag Patin von Fridolin ist, übernimmt die kompletten Tierklinikkosten.
 
Liebe Rita, wir sind überwältigt und danken Dir von Herzen und sind überglücklich, dass Du an unserer Seite bist! Vielen, vielen Dank... auch für die Unterstützung Deiner vorherigen Paten"kinder"!
 
Fridolin 8Fridolin 2